2015年 9月 21日

Von Stewart Eisenhart und Ann Marie Boullie

Viele der Tausenden von Medizinprodukteherstellern, die Emergo pro Jahr unterstützt, haben ihren Sitz in Nordamerika, Europa und Japan. Sie scheuen auch keine Kosten und Mühen, die gleichen Märkte zu erschließen. Für viele Unternehmen bieten Märkte wie die USA, Kanada, Europa und Japan das höchstmögliche Renditepotenzial in Bezug auf Einhaltung der Vorschriften und Kommerzialisierung.

Obwohl Schwellenländer wie Brasilien, China und Russland von der Branche als attraktive Alternative zu den größten Medizinprodukte-Märkten angesehen werden, können die tatsächlichen Kosten und Aufwendungen für eine erfolgreiche Zulassung und Kommerzialisierung von Medizinprodukten in diesen Ländern für uninformierte Hersteller eine böse Überraschung darstellen. Brasilien, China und Russland bleiben Sekundärmärkte, die eine sorgfältige Bewertung in puncto Marktpotenzial, Erstattung, Wettbewerb und Kosten erfordern. Unserer Erfahrung bei der Beratung von Medizinprodukteunternehmen nach, die den brasilianischen Markt erschließen wollen, sind in den letzten 24 Monaten die Kosten mehr und mehr zum Problem geworden.

Warum die Kosten? Ganz einfach deswegen, weil die Behörden in Brasilien, China und Russland die Zulassungsgebühren für ausländische Hersteller drastisch erhöht haben.

  • Vor Kurzem wurden zum Beispiel die BGMP-Zertifizierungsgebühren für Qualitätssicherungssysteme in Brasilien von 37.000 R$ (~9.800 USD/8.860 €) auf 108.612 R$ (28.900 USD/26.000 €) erhöht. Die ANVISA-Antragsgebühren für Medizinprodukte und IVD wurden ebenfalls um das 2,5-Fache erhöht.
  • In China wurden Anfang 2015 ebenfalls wesentliche Gebührenerhöhungen für importierte Produkte umgesetzt. Zulassungen für Produkte der Klasse II durch die China Food and Drug Administration (CFDA) kosten nun ca. 34.000 USD/30.000 € und für ausländische Produkte der Klasse III fast 50.000 USD/44.000 €. Zulassungsverlängerungen, die alle fünf Jahre erforderlich sind, kosten nun ca. 6.600 USD/5.800 € pro Verlängerung.
  • Die russische Medizinproduktebehörde Roszdravnadzor hat im Januar 2015 die Zulassungsgebühren (Link auf Russisch) ebenfalls erhöht. Nun kostet die Registrierung für Produkte der Klasse I 45.000 Rubel (ca. 600 €), für Produkte der Klasse IIa 65.000 Rubel (ca. 880 €), für Klasse IIb 85.000 Rubel (ca. 1150 €) und 115.000 Rubel (ca. 1555 €) für Produkte der Klasse III.

Offizielle Gründe für die Gebührenerhöhungen

Diese Gebührenerhöhungen scheinen in Anbetracht der Bemühungen der Regierungen dieser Schwellenländer, den Medizinproduktesektor zu fördern, eher kontraproduktiv, aber die Behörden in Brasilien, China und Russland haben alle ähnliche Gründe für die Erhöhung der Zulassungs- und Qualitätssystem-Zertifizierungsgebühren genannt. Höhere Gebühren ermöglichen den Behörden ANVISA, CFDA und Roszdravnadzor, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen und Ressourcen anzuschaffen, um zum Beispiel die Prüfung der Anträge zu beschleunigen und Engpässe bei der Bearbeitung der Anträge aufgrund von Personalmangel zu reduzieren.

Schutzpolitik spielt eine Rolle

Schutzpolitik spielt jedoch vermutlich eine Rolle — in vielen Fällen wurden die Registrier- und Qualitätssicherungssystemgebühren für ausländische Hersteller viel stärker angehoben als für inländische Unternehmen. Die brasilianische Regierung hat zum Beispiel die BGMP-Zertifizierungsgebühren für inländische Hersteller und Hersteller aus der Region ebenfalls angehoben, jedoch wesentlich weniger drastisch als für ausländische Hersteller. Zertifizierungsgebühren für lokale Unternehmen wurden von 15.000 R$ auf 38.000 R$ angehoben. In China werden die Zulassungs- und Verlängerungsgebühren für Produkte der Klassen II und III von provinziellen CFDA-Beamten ermittelt, jedoch für ausländische Antragsteller von der zentralen CFDA festgelegt.

Im Gegensatz dazu erhebt die US Food and Drug Administration eine Pauschalgebühr von 5.228 USD für 510(k)-Anträge sowohl von ausländischen als auch von inländischen Antragstellern und für FDA Qualitätssicherungssystem-Inspektionen (QSR) fallen keine Gebühren an.

Negative Auswirkungen

Diese Schutzpolitik via exorbitante Zulassungskosten für ausländische Firmen ist angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungsbemühungen und im Hinblick auf die öffentliche Gesundheit etwas kurzsichtig.

Erstens verhindern die hohen Kosten, dass kleine und mittelgroße ausländische Medizinprodukte-Hersteller die Kommerzialisierung in diesen Ländern vorantreiben. Hersteller von innovativen Produkten bringen ihre Produkte vielleicht auf den brasilianischen, chinesischen und/oder russischen Markt, diese Firmen geben aber wahrscheinlich die hohen Zulassungskosten direkt an ihre Käufer weiter. Derzeit reduziert die Förderung von inländischen Herstellern vielleicht den Wettbewerb. Ein reduzierter Wettbewerb kann jedoch in manchen Produktkategorien das Tor zu höheren Preisen für Gesundheitsdienstleister und Patienten öffnen.

Zweitens erhält die Bevölkerung in Brasilien, China oder Russland eventuell keinen Zugriff auf innovative Produkte und effektive Behandlungsverfahren für manche Krankheiten oder Leiden, da deren Hersteller es vorziehen, ihre Produkte in diesen Ländern aufgrund der damit verbundenen Kosten nicht zu registrieren.

Drittens erweckt der erschwerte Marktzugang für ausländische Hersteller den Eindruck, dass es auf diesen Märkte weder Vorhersehbarkeit noch Transparenz gibt. Drastische Gebührenerhöhungen ohne Beteiligung der Öffentlichkeit und ohne Vorwarnung für die Branche (Zwischen der Ankündigung der neuen ANVISA-Gebühren und deren Umsetzung verging zum Beispiel nur eine Woche.) könnten Hersteller in Zukunft davon abhalten, Zulassungsanträge in diesen Ländern zu stellen, da sie weitere unerwartete Gebührenerhöhungen oder Vorschriftenänderungen befürchten.

Abgesehen von den Gebühren bleiben die Vorschriften in diesen Märkten wenig transparent und ändern sich ständig. ANVISA, CFDA und Roszdravnadzor reformieren Vorschriften viel häufiger als etablierte Behörden, was das Vertrauen der Branche nicht unbedingt fördert.

Das Endergebnis: selbstverschuldete Nachteile?

Brasilien, China und Russland sind drei der vier BRIC-Länder (zusammen mit Indien), die für ihr Wachstumspotenzial bekannt sind. Während die Behörden in Brasilien, China und Russland annehmen können, dass ausländische Hersteller ungeachtet der damit verbundenen Kosten Zulassungsanträge stellen, stehen viele kleinere Medizinprodukte-Unternehmen jedes Jahr vor der schwierigen Entscheidung, welche Produkte sie in welchen Märkten anbieten sollen. Manche dieser Hersteller entscheiden sich dann, Brasilien, China und/oder Russland aufgrund der Kosten zu übergehen.

Im Endeffekt werden dann multinationale Hersteller bestimmte Produktkategorien in diesen Ländern dominieren, was höhere Preise und ein reduziertes Angebot von kostengünstigeren und möglicherweise effizienteren Alternativen zur Folge hat. 

BGM