2015年 12月 16日

Geschrieben von Ronald Boumans

Die niederländische Botschaft in Brüssel informierte vor kurzem Interessenvertreter über die zu erwartenden Entwicklungen bei den Verhandlungen über die neuen Vorschriften für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika.

European medical device and IVD regulatory update

Dieses Treffen wurde organisiert, da die Niederlande den EU-Vorsitz in der ersten Hälfte von 2016 übernehmen werden und sich das Ziel gesetzt hat, die Verhandlungen über die neuen Vorschriften während dieses Zeitraums abzuschließen. Diese einzigartige Initiative wurde von den Teilnehmern sehr positiv aufgenommen, da auf diese Weise alle beteiligten Parteien transparent informiert wurden.

Trilog-Sitzungen
Die Einführung neuer Vorschriften beginnt im Allgemeinen mit einem Vorschlag der EU-Kommission. Dieses Dokument wird dann an das Europäische Parlament zur „ersten Gesetzeslesung“ gesandt.  Das Europaparlament kann Änderungen vorschlagen.

Danach wird das Dokument mit diesen Änderungen an den Europäischen Rat – die Mitgliedstaaten – zur „ersten Gesetzeslesung“ übermittelt. Falls der Rat die Version des Europäischen Parlaments akzeptiert, werden die Vorschriften verabschiedet. Andernfalls wird der Vorschlag abgelehnt. Die sogenannten Trilog-Sitzungen werden dann abgehalten, um die Phase der „ersten Gesetzeslesung“ zu verlängern, damit sich das Europäische Parlament und der Rat auf eine Endfassung einigen können.

Eine Trilog-Sitzung hat keinen formalen Status, sie dient nur als praktische Lösung, um Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen. Es gibt keinen festen Zeitrahmen für die erste Gesetzeslesung, deshalb gibt es nur praktische Überlegungen, die die Dauer dieser Phase einschränken.

Obwohl die Trilog-Sitzungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat stattfinden, nimmt die EU-Kommission daran teil und bietet praktische sowie juristische Unterstützung. Dadurch werden widersprüchliche Vorschriften oder unerwünschte Nebeneffekte vermieden.

Es gibt zwei Arten von Trilog-Verhandlungen, die allgemeinen – politischen – Trilog-Sitzungen und die technischen Trilog-Sitzungen. Erstere befassen sich mit den allgemeinen Grundlagen der Vorschriften, Letztere mit den technischen Details. Verschiedene Teams nehmen an den jeweiligen Verhandlungen teil, obwohl manche Beteiligte an beiden teilnehmen. Es ist natürlich eine Herausforderung, beide Verfahren im Gleichgewicht zu halten und sicherzustellen, dass die technischen Details die politischen Ziele reflektieren.

Derzeitige Lage
Unter dem derzeitigen Vorsitz von Luxemburg wurden fünf politische und sieben technische Trilog-Verhandlungen abgehalten. Diese ergaben jedoch kein Dokument, das für eine erste Gesetzeslesung bereit wäre. Die Niederlande wollen nun weitere drei bis fünf politische und 10 bis 15 technische Verhandlungen durchführen. Sie sind überzeugt, dass dadurch ein positives Ergebnis erzielt werden kann, da die Verhandlungspartner klare Positionen einnehmen, jedoch Kompromissbereitschaft zeigen. Es wird erwartet, dass die Niederlande die Trilog-Verhandlungen Ende Januar oder Anfang Februar 2016 wieder aufnehmen.

Es bleiben derzeit jedoch einige Fragen offen. Aufgrund der Komplexität des Themas sind viele Antworten noch nicht vom Tisch. Deshalb ist noch nicht sicher, welche Form die endgültige Fassung der Vorschriften annehmen wird und wann sie für eine zweite Gesetzeslesung bereit ist. Man kann zwar fundierte Vermutungen anstellen, sicher ist jedoch nichts.

Diskussionspunkte
Die niederländische Delegation bot einen Einblick in die wichtigsten Reibungspunkte bei den Verhandlungen. Die offenen Punkte umfassen Gentests, CMR-Stoffe, die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten, Haftpflichtversicherungen, Kontrollverfahren, die Gültigkeit von Zertifikaten während der Übergangsperiode und einige Klassifizierungsregeln für Medizinprodukte und IVD. Es gibt jedoch noch weitere Streitpunkte, bei denen noch keine Einigung erzielt werden konnte.

Weiteres Vorgehen
Falls in den nächsten sechs Monaten tatsächlich eine Kompromisslösung gefunden wird und der Rat ein Dokument nach der ersten Gesetzeslesung veröffentlicht, wäre der nächste Schritt eine zweite Lesung durch das Europaparlament. Das Parlament nimmt dann Stellung, und der Rat prüft diese Stellungnahme. Für die zweite Gesetzeslesung gibt es eine strikte dreimonatige Frist. Danach kann der Vorschlag angenommen, abgelehnt oder geändert werden. Die geänderte Version wird danach einer dritten Lesung unterzogen, bei der diese Schritte wiederholt werden. Diese Phase dauert sechs Wochen, kann jedoch um weitere zwei Wochen verlängert werden.

Das bedeutet, dass die neuen Medizinprodukte- und IVD-Verordnungen frühestens Ende Juni 2016 Form annehmen.

Ausblick
Im Januar 2016 wird das erste Treffen des zukünftigen Eudamed-Lenkungsausschusses abgehalten. Emergo wird daran als Vertreter des europäischen Verbands der bevollmächtigten Vertreter. Es wird erwartet, dass die nächste Generation von Eudamed eine viel größere Datenmenge enthalten wird und eine sehr aktive Datenbank sein wird. Diese Entwicklung betrifft alle Medizinprodukte-Hersteller auf dem europäischen Markt und möglicherweise auch alle anderen wichtigen Medizinprodukte-Märkte der Welt. Zukünftige Blog-Beiträge werden sich ausführlicher mit dem Thema Eudamed befassen.

Ronald Boumans ist ein leitender globaler regulatorischer Berater in der Emergo-Niederlassung in den Niederlanden und war vorher als leitender Inspektor der niederländischen Gesundheitsaufsichtsbehörde tätig.